Oper des Monats Januar ’22: Fideleonore

Nun haben wir in diesem Monat Januar 2022 unser legeres Opern-Jubiläum im Bürgermeisterhaus Werden mit einem Paukenschlag gestartet: Ludwig van Beethovens „Fideleonore“ – seine einzige Oper und Schmerzenskind. Da kam mir der Gedanke: Wenn wir jetzt jeden Monat eine unserer Opern spielen, kann ich diese für alle Interessierten auch in meinem Blog, quasi zum nachlesen, vorstellen.

Mein Format heißt Oper légère, Untertitel: eine Stimme, ein Piano, eine Oper – über diese Mission schrieb ich in einem vergangenen Artikel ausführlich. Ich möchte direkt zu Beginn klarstellen: Ich veröffentliche hier keine Doktorarbeit, auch keine wissenschaftliche Studie, die ausschließlich meinen eigenen Hirnwindungen entkrochen ist. Selbstverständlich habe ich viel Literatur gelesen, viele Opern-Aufführungen besucht und die klugen Programmhefttexte ambitionierter Dramaturgen aufgesogen.

Beim Bau meiner Moderationen ging und geht es immer darum, meinen persönlichen roten Faden zu finden und mit dem Publikum, hier jetzt mit den Ihnen als Lesende, zu teilen. Während dieses Prozesses fliegen alle Inhalte und meine Ideen dazu immer und mehrfach um. Sie werden eingedampft und im Anschluss mit Neuem ergänzt … soll heißen: Ich kann Ihnen leider nicht mehr sagen, wo ich mich inspiriert bedient habe. Wer sein geistiges Eigentum hier von mir verbraten fühlt, melde sich bitte.

Auf gehts in die Oper des Monats

„Fidelio“  lautet die heute meist populäre, 3. Version. „Leonore“ war aber der ursprünglich von Beethoven vorgesehene Titel – „Leonore oder die Gattentreue“. Erst im DRITTEN Anlauf nennt er sein Werk notgedrungen „Fidelio“, dem männlichen Code-Namen seiner weiblichen Titelheldin entsprechend. Klingt kompliziert – also der Reihe nach:

Drei Fassungen schrieb er davon, sogar vier Ouvertüren: Es bleibt eine merkwürdige Oper über tief empfundene Liebe und übermenschlicher Güte. Zum Teil, wie ich persönlich finde, wirklich sperrige Kost! Ort der Handlung: Spanien, in der Gegen von Seville.

Kann mir eigentlich mal jemand erklären, warum so viele Opern in Sevilla spielen? Carmen, Don Giovanni, der Barbier von S… Sie wissen schon, natürlich auch Mozarts Fortsetzung Figaros Hochzeit, aber auch La Favorite von Donizetti, und eben Fidelio, also Beethovens Leonore. Ich freue mich über erhellende Zuschriften.

Weiter nun, ab ins Libretto: Leonore arbeitet unter dem Namen Fidelio als Mann verkleidet in einem Gefängnis in der Nähe von Sevilla, um ihren politisch inhaftierten Mann Florestan zu befreien. Der Plan gestaltet sich kompliziert, denn Jaquino, der eigentliche Kerker-Geselle, versucht die von ihm geliebte Marzelline, Tochter und einziges Kind des Kerkermeisters Rocco, zur Heirat zu bewegen. Jedoch ohne Erfolg, da diese bereits in den kürzlich hinzu gestoßenen Gehilfen ihres Vaters, Fidelio, verliebt ist. Sie ahnt nicht, dass es sich bei Fidelio eigentlich um eine Frau handelt – eben die Leonore.

Schnell erkennt der Opernspezi in Marzeline und Rocco die singspielartigen Buffo-Charaktere des „niedern Paares“- Buffo bedeutet lustig. Im Gegensatz zum „hohen“, total überhöhten Paar Leonore/Florestan. Sein Name bedeutet auch noch so viel wie „der Erblühte“ (die Rechtschreib-Korrektur meines Rechners macht übrigens immer FLORISTIN draus).

Fidelio oder Leonore

Die Kette der unglückseligen Verstrickungen ist im Zusammenhang mit Beethovens Schmerzenskind-OPER wirklich lang – allein schon die Erklärung zum Titel: Fidelio oder Leonore! Was jetzt?

Die Uraufführung fand am 20. November 1805 am Theater an der Wien noch unter dem Titel „Leonore“ statt und fiel in eine Zeit, in der Napoleon über ganz Europa gesiegt hatte und seine Truppen auch in Wien einzogen. Der Wiener Hof und die hohe Aristokratie waren aus der Stadt geflüchtet, womit das Theater an der Wien zur Premiere der Oper mit französischen Offizieren gefüllt war – o lálá –  da kam ein latent französisch-gesellschafts-kritischen Sujet nicht wirklich so gut an: Leonore fiel durch und wurde nach 2 Vorstellungen abgesetzt!

Beethoven und die Frauen

Es ist bekannt: Beethoven und die Frauen – das war nicht unkompliziert. Der Anspruch war wie immer enorm. Er sagte einmal: „Schön muß sie aber sein, nichts nicht Schönes kann ich nicht lieben – sonst müßte ich mich selbst lieben!“ 

Fakt ist : Er war nie verheiratet und es gibt auch keine gesicherten Zeugnisse über langdauernde bürgerlich akzeptable Beziehungen. So liebte er meist über seinem Stand, das heißt Adelige. Und da konnte ihm sein so wohlklingendes „van“ im Namen nicht hinwegtäuschen – es war eben kein „von“, sondern ein aus dem flämischen kommendes „van“ und sein Name bedeutet soviel wie „Ludwig vom Rübenacker“

Vom Rübenacker zurück ins Libretto: Es folgt nun ein Quartett mit dem Titel „Mir ist so wunderbar“ Eines der zauberhaftesten – im wahrsten Sinne wunderbarsten Stücke, direkt zu Beginn. Es entwickelt vom ersten Akkord eine feine und zarte Emotionalität, wie ich sie sonst nur aus seinen Streichquartetten kenne. Ganz Singspiel – fast ein Kanon, in dem die Beteiligten ihre Gefühle zum Ausdruck bringen. 

Inhalt: 1. Marzelline glaubt sich von Fidelio geliebt. 2. Fidelio, also Leonore denkt an die Befreiung ihres Gatten. 3. Gefängniswärter Rocco will seine Tochter Marzelline mit dem neuen Kerkergesellen Fidelio verheiraten. 4. Jaquino, der tumbe Knecht fürchtet den Verlust seiner Angebeteten.

Ich werde glücklich sein

So lautet Marzelines Kernaussage – ob das auf Beethovens Leben wohl ebenso zutrifft?

Mit dem Taufdatum am 17. Dezember 1770 beginnt Ludwigs dokumentiertes Leben. Die  Familie van Beethoven ist flämischen Ursprungs. Beethovens Großvater war Chorleiter und Bassist. Sein Sohn, Ludwigs Vater, Johann ist Tenor an der Hofkapelle und Musiklehrer. Über ihn sagte man: „Er war ein guter Weintrinker, dann war er munter und fröhlich“– das spricht für sich.

Aus seiner Ehe mit Maria Magdalena gingen sieben Kinder hervor, von denen nur drei das Säuglingsalter überleben. Ludwig, der Älteste erhält vom ambitionierten Vater Johann den ersten Klavierunterricht –  alles andere als pädagogisch wertvoll. Der Vierjährige muss für die Fingerübungen am Klavier auf einem Bänkchen stehen, weil er noch so klein ist. Die Unterrichtszeiten hängen vom Zufall und der Laune ab, eine wahre Schreckenszeit für den Buben. 

Nicht selten zecht der Vater bis weit nach Mitternacht im Weinkeller, torkelt dann mit seinen Kumpanen nach Hause, reißt den kleinen Ludwig aus dem Schlaf, zerrt ihn ans Klavier und malträtiert ihn bis in die frühen Morgenstunden. Wenn der kleine Ludwig etwas improvisieren will, setzt es was! 

Das Wunderkind soll Geld machen, nicht Kunst. 

Mit 14 Jahren spielt Ludwig Klavier, Orgel, Cembalo und Bratsche und wird an der Bonner Hofkapelle angestellt. Mit 18 muss er für die Familie sorgen. Der „Weintrinker“ ist dazu nicht mehr in der Lage.

Die geliebte Mutter Maria Magdalena stirbt viel zu früh, was eine Depression in ihm auslöst, dennoch übernimmt Ludwig die Verantwortung für seine beiden jüngeren Brüder. 

1782 übersiedelt er nach Wien, wo er bereits nach kurzer Zeit seine ersten künstlerischen und gesellschaftlichen Erfolge feiern kann. So holt Ludwig die beiden jüngeren Brüder aus Bonn zu sich, um sie weiterhin unterstützen zu können.

Zurück ins Libretto:

Durch zuverlässige Dienste gewinnt Fideleonore rasch das Vertrauen des alten Rocco, so dass dieser den gefährlich-intriganten Gouverneur Pizarro um die Erlaubnis bitten will, Fidelio auch in den geheimen Kerker mitnehmen zu dürfen, in denen die schlimmsten Staatsverbrecher darben. Und genau da vermutet Leonore ihren bereits seit zwei Jahren verschwundenen Gatten Florestan.

Beethovens Zeit ist der ‚Deutsche Klassizismus‘. Ausgehend von der Aufklärung des 18. Jahrhunderts, die ja für eine tiefschürfende Veränderung der „Sozial- und Denkordnung“ in ganz Europa verantwortlich ist. Humanistische Ansichten, die Freude an der Natur, Toleranz und die Philosophie rücken in den Mittelpunkt. Ich sage nur: Freude schöner Götterfunken! Das Gefängnis wird zum Schauplatz menschlichen Strebens, in dem jeder seine eigenen Interessen verfolgt. 

Superlativen der puren Männlichkeit

Beethoven – ihm werden DIE Superlativen der puren Männlichkeit zugeschrieben: Der Titan, der Revolutionär, der musikalische Berserker – Ta-ta-ta-Taaaa! Ich bin bei meinen Recherchen auf eine ganz besondere These gestoßen: War Beethoven in Wirklichkeit eine Frau? Laut Recherche von Herrn Franz B. Firla lag der erste angeführte Hinweis immer schon offen zutage, ich zitiere:

 „Die berühmte Beethoven-Mähne war für einen Mann zu dieser Zeit höchst ungewöhnlich.“ Des Weiteren wird behauptet, man sei bei der Restaurierung und Reinigung des bekannten Stielerschen Portraits auf Gesichtszüge gestoßen, die eindeutig einer Frau zugehören. Hier wurde also offenbar im Nachhinein und mit deutlich männlicheren Formen und Strichen nachgeholfen. Außerdem wird verschiedentlich berichtet, dass er/sie beim Spazieren vorne übergebeugt ging, vielleicht weil er da „Einiges“ zu tragen war. 

„Ta-Ta-Ta-Taaah!“

Wie auch immer – ich denke, jeder, der sich Beethoven einmal als Frau vorgestellt hat, wird jedes zukünftige „Ta-Ta-Ta-Taaah!“ mit anderen Ohren hören.

Die Vorlage zum Libretto war ein Stoff aus der französischen Revolution, der bereits mehrfach vertont worden war. Diesem französische Original von Jean Nicolas Bouilly aus dem Jahr 1798 lag angeblich die wahre Geschichte einer gewissen Madame de Tourraine zugrunde, die als Mann verkleidet ihren Gatten aus der Gefangenschaft der Jakobiner befreit hatte. 

Zurück ins Libretto:

Der Kerkermeister Rocco erhält nun von Pizarro die Erlaubnis, dass seine Tochter Marzelline jenen Fidelio heiraten darf und außerdem den Auftrag, in der Zisterne des Kerkers das Grab für Florestan schaufeln. Leonore bittet in schierer Überforderung:

1.  alle derzeit einsitzenden Gefangenen zum Freigang in den Garten entlassen zu dürfen. Hierbei stellt sie natürlich fest, dass sich unter jenen nicht ihr Florestan befindet – und daraufhin 

2.  um Beihilfe bei der Grab-Grabung in den geheimen Kerkern, wo sie ihren Florestan vermutet.

Und damit kommen wir zum Gefangenenchor. Der tritt kurz aus seinen Zellen tritt, also vom Dunkel ans Licht, mit von Hoffnung auf Freiheit und Glück schwellenden Stimmen.  „O welche Lust in freier Luft den Atem leicht zu heben“. Wundervolle Zeilen – gerade in diesen Zeiten.

Beethoven und die CD

Beethovens große Stärke waren die Symphonien. Ta-ta-ta-Taaa! Von seiner 5. sagte er: „So pocht das Schicksal an die Tür!“ Eine Aufnahme unter Klemperer ist seit 1977 auf der Goldenen Platte mit der Voyager 2 als Botschaft der Erdenmenschen an die Außerirdischen im Weltall unterwegs!  Und von der Goldenen Platte komme ich zu den CDs. Was hat das mit Beethoven zu tun? Die Spieldauer der CD mit dem Durchmesser von 12 cm beträgt exakt 74 min. Warum?  Eine nette Geschichte besagt, dass dafür die Gattin eines Vizepräsidenten der Firma Sony verantwortlich sei.

Auf dem gerade neu entwickelten Datenträger CD sollte die 9. Symphonie von Beethoven Platz finden. Die seinerzeit längste und von der Fizegattin favorisierte Version der Symphonie, eingespielt unter Furtwängler, dauert 74 Minuten. Und dafür ist ein Durchmesser von rund zwölf Zentimetern erforderlich. Vielleicht wären unsere CDs heute kleiner, wenn sich die Sony-Fize-Musikliebhaberin einst für die Karajan-Einspielung entschieden hätte. Die dauert nämlich nur 66 Minuten. 

Knatsch mit der Maske

Ludwig van Beethoven übte immer eine große Anziehungskraft auf das weibliche Geschlecht aus. Die Verführungskraft des eher unansehnlichen Musikers lag in seiner Musik. Der grimmige Ausdruck, den man von Portraits kennt, war typisch, wobei sich die Portraits meist an seiner berühmten „Lebendmaske“ orientieren. Beethoven musste sich seiner Zeit dafür hinlegen, bekam zwei Strohhalme in die Nasenlöcher gesteckt, und dann wurde ihm kalter Gips ins Gesicht gegossen – ich glaube, da schaut jeder grimmig!  

Seine Manieren waren – vorsichtig gesagt – grob und seine jeweiligen Wohnsituationen katastrophal: der volle Nachttopf unter dem Flügel, überall leere Weinflaschen von meist billigem bleigesüßten Weißwein, der im Laufe der Jahre eine prachtvolle Leberzirrhose sowie eine Bleivergiftung bewirkte. Er war nicht zwingend ein klassischer Alkoholiker, trank aber sicher mehr, als ihm gut tat. Wenn es ihm beim Komponieren mal zu heiß wurde, schüttete er sich krugweise das Wasser über den Kopf, was einen Wasserschaden in der unteren Wohnung zur Folge hatte. Außerdem hat er während unbefriedigender Kompositions-Arbeiten wohl nicht nur ein Klavier zertrümmert. Als Nachbar war er also schwierig. Dementsprechend häufig standen Wohnungswechsel an. 

Das Heiligenstädter Testament

Beethoven war bereits als 28-Jähriger schwerhörig. Mit 32 schreibt er sein „Heiligenstädter Testament“, in dem er nicht nur seinen Nachlass regelt, sondern seinen Brüdern eindringlich von dem fortschreitenden Ertauben berichtet. Er wird mit zunehmendem Hörverlust und diversen Krankheiten immer introvertierter und zieht sich aus der Welt der Hörenden zurück. Er hatte Suizidgedanken. Nur seine Kunst rettete ihn.

Zurück zur Fideleonore

Die Oper wurde am 20. November 1805 im Theater an der Wien uraufgeführt und nach nur zwei Wiederholungen wieder vom Spielplan abgesetzt. Beethoven entschloss sich zur Revision und nahm drastische Striche und Umgestaltungen vor, die drei Akte der Originalfassung auf zwei zusammengezogen. 

Diese zweite Fassung kam 1806 ebenfalls im Theater an der Wien auf die Bühne. Zwar war die Inszenierung deutlich erfolgreicher, aber schon nach der zweiten Aufführung zog Beethoven sie erneut unter Streit zurück.

Acht Jahre lag Beethovens einzige Oper dann auf Eis.  Erst 1814 wendet sich das Blatt: Die K.& K. Hofoper entsann sich des Werkes und fragte bei Beethoven an. Die Änderung des Titels hin zu „Fidelio“ war nicht die einzige Grundbedingung der Auftraggeber. 

Ein Skandal

Als Beethoven sein Werk kurz vor der Aufführung abermals zurückziehen will, wirft sich die Fürstin Lichnowski, Gattin seines Förderer und Mäzens, vor ihm auf die Knie! Das muss man sich mal vorstellen: Eine Fürstin wirft sich vor dem Sohn eines trunksüchtigen Provinzkapellmeisters auf die Knie, der  auch noch posaunt: „Was Sie sind, sind Sie durch Zufall und Geburt. Was ich bin, bin ich durch mich.“ 

Am 23. Mai 1814 kommt die endgültige Version des nun erzwungener Maßen „Fidelio“ genannten Werks dann doch auf die Bühne – mit Erfolg! Für eine rasche Verbreitung im Ausland sorgte die deutsche Sopranistin Wilhelmine Schröder-Devrient, die 1822 die Partie der Leonore übernahm. Sie war es damit übrigens, die dem jungen Richard Wagner sein Opern-Erweckungs-Erlebnis verschaffte. Wagner sagte später: „Ich glaube an Gott, Mozart und Beethoven“

„Ich glaube an Gott, Mozart und Beethoven“

Zurück ins Libretto und auf ins Finale: Leonore erkennt im Geheim-Kerker sofort ihren Florestan. Als Pizarro zur angedachten Final-Tat erscheint, ist sie es, die durch mutiges Dazwischen-Treten seine verruchte Tat verhindert. Töt erst sein Weib!“  So tönt sie schrill und mit vorgehaltener Pistole. Dann künden auch noch Sieges-Trompeten-Fanfaren die ersehnte Ankunft des rettenden Ministers Don Fernando, quasi als deus ex machina an. Der zeigt sich über die Folter in seinem Gefängnis schockiert, gibt allen unschuldigen Opfern die Freiheit und lobt Leonorens Heldenmut!  Leonore Löwenherz!  

Der fiese Gouverneur wird direkt der gerechten Strafe zugeführt, und alles wendet sich  zum Guten! Nur Marzelline – sie ist die wirklich Gelackmeierte in dieser Geschichte: Überhöhung reiht sich hier an Überhöhung und für Marzelline bedeutet das den Absturz – zurück in den Kerker, zum Vater oder doch zum ekeligen Jaquíno?

Unsterbliche Geliebte

Zum Schluss entblättert Beethoven  hier noch einmal, wie aus ungeahntem Zauberland, eine unvergleichlich zarte Gefühlswelt, mit den sechs Worten „Oh, Gott, o welch ein Augenblick.“ – unfassbar schön! Was muss in diesem Menschen für eine unsterbliche, hochheilige Liebe gewütet haben?! Er war in seiner Art gläubig, doch ging er nicht in die Kirche – er misstraute auch ihr als Institution und sagte: „Musik ist höhere Offenbahrung als alle Weisheit und Philosophie.“

Zu guter Letzt möchte ich noch auf den mysteriösen Liebesbrief an die „Unsterbliche Geliebte“ zu sprechen kommen, der sich in Beethovens Nachlass fand. Wer war die „Unsterbliche Geliebte“?  Alle bisherigen „Enthüllungen“ sind Spekulation: War es Eleonore von Breuning, eine ehemalige Klavierschülerin? Oder eher Josephine Brunsvik, eine ungarische Adelige, die sicher, eine zentrale Frauen-Rolle in Ludwig van Beethovens Leben spielte. Vieles ist nicht nachweisbar, aber es regt die Phantasie an, dass Josephine etwa neun Monate nach dieser Briefwechselphase ihre Tochter Minona zur Welt brachte.

Wie ein altes Kind

„Ich hoffe noch einige grosse Werke zur Welt zu bringen um dann, wie ein altes Kind, irgendwo unter guten Menschen meine irdische Laufbahn zu beschliessen.“ So schrieb Ludwig van Beethoven noch im Dezember 1826 und starb dann am 26. März 1827. Zum Begräbnis kamen etwa 20.000 Menschen. Franz Schubert war unter den Fackelträgern. Beethoven selbst hatte eine Obduktion angeordnet, um seine Schwerhörigkeit zu ergründen. Dabei sind aber durch dilettantische Vorgehensweise direkt einige Knöchelchen verloren gegangen, der Schädel passte nicht mehr recht zusammen und für die öffentliche Aufbahrung musste eine fette Perücke aufs Haupt. Und das ihm – der Zeit seines Lebens stolz auf die wilde Mähne war – oder eben Frau.

War der profane Beethoven selbst wirklich der Revolutionär? Fest steht: er ist der Vollender der Wiener Klassik und Wegbereiter der Romantik. Also war der Musik-Schaffende sicher und absolut DER Revolutionär! Und der Mensch? Dieser stolze Freiberufler, der sich in Wien von Mitgliedern der Hocharistokratie finanziell unterstützen ließ? Ob dies nun das normale Los der Berufsmusiker um 1800 spiegelt, sei dahin gestellt.

Das Thema Gehör-Verlust ist sehr interessant: denn die Taubheit hat Beethovens Komponieren sicher beeinflusst. Die visionäre Unabhängikeit, das Nichtgefällige,  konnte so entstehen, weil Beethoven sich innerlich von der Gesellschaft entkoppelte.

Die letzten drei Monate wurden ihm körperlich zur Qual. Mehr zum Trost als zur Heilung verschrieb ihm der Arzt eine Kiste Rheinwein, deren Ankunft er sehnlich erwartete. Er lag schon im Sterben, als die Kiste endlich eintraf. Seine letzten Worte sollen gewesen sein: „Schade, schade – zu spät!“

Eine letzte Anekdote

Gemeinsam mit den Weingütern Wegeler und der Beethoven-Stiftung hat sich DIE ZEIT etwas Reizendes einfallen lassen: Franz Wegeler, Vorfahre der heutigen Weinguts-Besitzer und Ludwig von Beethoven sind sich einst in den 1790-Jahren begegnet. Dabei spielten zwei Dinge eine Rolle: die geteilte Leidenschaft für Weine von Rhein und Mosel und die für Eleonore von Breuning. Sie erinnern sich? Die Klavierschülerin, die zu seiner Muse und ersten großen Liebe wurde. 1803 heiratete Eleonore dann tatsächlich den Franz Wegeler. Und Beethoven setzte sich mit der Beziehung lieber musikalisch auseinander: Eleonore – Leonore … merken Sie was? 

Hier erhalten Sie einen kleinen Einblick in unser legeres Konzertformat, Mitschnitt im Alten Bahnhof Essen Kettwig. Wenn Sie uns lieber auf der Bühne erleben möchten, dann schauen Sie HIER

Nächsten Monat geht es um Rossinis Oper über das Faktotum der Stadt Sevilla, nämlich den Barbier.

Beitragsbild, Foto: Monique Urbanski