Meine Jahresrückschau 2023 – O Täler weit, o Höhen

Dezember ist’s. Zweite Hälfte des letzten Monats Zweitausendreiundzwanzig. Der für das Ruhrgebiet überraschende November-Schnee ist längst getaut. Wir sind mitten im Advent und obwohl ich, wie jedes Jahr, die roten Sterne in jede Fensterscheibe geklebt habe und den Adventskranz gebunden und aufgehängt habe, fühlt es sich dieses Jahr anders an. Und das hat Gründe, die ich mir im Lauf des Artikels näher erschreiben werde.

So hing er denn, frisch gebunden und noch nicht entzunden – der hübsche Kranz

Ich schreibe, also bin ich – also sing ich

Jeden Tag singe ich derzeit ein Adventslied und veröffentliche es auf Facebook und Instagram. Die Idee ist, dass die Menschen, so sie wollen, sich mit mir und meinen Vorschlägen über den Carusverlag die Seite Liederprojekt ihre eigene Weihnachtsliedersammlung zusammenstellen können.

So ist meine Idee – doch stelle ich fest, dass ich entweder den Logarithmus-Vorgaben dieser sozialen Medien nicht gemäß agiere oder aber, dass es einfach nur eine kleine Gemeinde interessiert. Noch nie hatte ich so wenig Klickzahlen, wie in den vergangenen 6 Wochen – und noch nie hat mich das so wenig interessiert oder beeindruckt. Auch hier gilt es zu schauen: welche alten Pfade werden verlassen, welch neuen Wege und Richtungen werden künftig eingeschlagen?

Liederbuch vom Carusverlag, Ukulele von Lietz Guitars – mein Lieblings-Couple derzeit.

Ich singe meine Lieder, ich poste meine Geschichten und lebe mein Leben – wide wide wie es mir gefällt, danke Pipi Langstrumpf. Ungeschönt und unprätentiös, wie das Wetter draußen. Weder heiter noch überschwänglich. Die Erde – irgendwie auch ich und das ganze Leben atmet einfach nur aus.

Die Thomasnacht, und mit ihr eben die längste Nacht des Jahres, naht, Tage sind kurz und kürzer, Abende lang, kaum ein Vogel singt noch. Es sind eher die Krähen, die noch die letzten Nüsse von der Wiese picken und mit ihrem leicht schauerlichen Krächzen das Lied von Abschied und Sterben verkünden und der Fuchs schreit bei Einbruch der Nacht nach seiner Geliebten. Die Bäume sind kahl und der Nebel legt sich übers Land.

Mich deprimiert das nicht, im Gegenteil: ungeschönt, unprätentiös – ich erwähnte es bereits – ehrlich, weil es ist, wie es ist. Akzeptanz. Es geschah so viel in dieser Welt und in diesem Jahr, dass ich mich bemühe, nicht zu bewerten, um alle Energie, die ich tatsächlich zur Verfügung habe, zu nutzen, jeglichen Raum, den ich tatsächlich beeinflussen kann, zu einem etwas schöneren zu machen.

Und da fällt mir direkt wieder der Lüftelmaler-Spruch an der Hauswand in Josephstal ein, den ich hier vielleicht schon als vorwegnehmendes Motto für mein Jahr 2024 voranstellen möchte:

„A bisserl mehr WIR und weniger ICH
a bisserl mehr Kraft, neu so zimperlich.
Und viel mehr Blumen während des Lebens,
denn auf den Gräbern blüht sie vergebens.“ (Foto folgt)

 

Anfang mit Abschied

Dieses Jahr 2023 hat direkt mit einem Abschied begonnen, mit einem großen. Nicht nur Joseph Alois Ratzinger, der ehemalige Papst Benedikt XVI verstarb am Sylvestertag zur Nachmittags-Stunde, als die untergehende Sonne des scheidenden Jahres den Himmel in bezauberndes Gold-Abricot tauchte, sondern auch eine nahe Familienangehörige, die ich bis zum Schluss begleitet habe.

Pink – perfekter Himmelsgrund, nicht nur für eine Kardinals-Himmelfahrt.

Heute glaube ich, dabei ohne mir dessen wirklich bewusst zu sein, den Grundstein in meine weitere Weg, vielleicht sogar meine „Berufung“ gelegt zu haben. Ja, ich kann Menschen bis zum Ende begleiten, zuhören, solange es noch Dinge gibt, die gesagt oder geklärt werden können und beistehen, wenn es auf die Reise geht und darüber hinaus erledigen, was es dann zu erledigen, zu beenden und zu beerdigen gilt.

In diesem Fall habe ich einen Teil meines eigenen „Kindseins“ mit zu Grabe getragen. Es ist ein bedeutsamer, nicht nur trauriger, auch herausfordernder Schritt, dann in die erste Reihe zu treten.

Ich habe es quasi am eigenen Leib erfahren, wie wichtig es ist, am Ende zu vergeben und verzeihen, alles schwere Gepäck abzulegen, um auf die Reise zu gehen – ich persönlich glaube nicht, dass es die letzte ist – eher ein Übergang, einer von vielen. Aber eben ein einzigartiger, denn diesen erleben wir alle in diesem einen Erdenleben in eben diesem Körper nur ein einziges Mal. Und ich selbst möchte mich gut vorbereiten, diesen Moment, wenn er dann kommt, bitte wach und klar und vor allem ohne Angst zu erleben.

Mein Motto 2023: In der Ruhe liegt die Kraft

Das war also das Motto, das ich mir in luzider Vorahnung für dieses bemerkenswerte Jahr vorgenommen habe: „In der Ruhe liegt die Kraft“. Da hatte ich wohl das Bild einer souverän ausgeglichenen Frau Franziska vor Augen, die ihre Aufgaben und Pflichten stringent und effizient erledigt, um dann in angemessener Heiterkeit den angenehmen Dingen, wie Waldspaziergang, Naturverbundenheit und Seelenpflege nachzugehen. Selbstbestimmt und irgendwie erwachsen – so habe ich mir das wohl vorgestellt.

Seit diesem Jahr weiß ich, dass diese bildschönen Beeren des Schneeballs wohl essbar sind – und je weiter man gen Osten reist, desto höher wird dies als Delikatesse geschätzt.

Die Ruhe kam im Frühjahr 2023 dann – aber erzwungener Maßen. Dass es in dieser Ruhe eine Kraft zu finden gilt, das hat sich erst sehr viel später und ganz anders als erwartet gezeigt. Heute kann ich sagen, dass diese erzwungene Ruhe vielleicht die einzige Möglichkeit für mich war, zu kapieren, dass ich den Karren schon lang nicht mehr unter Kontrolle hatte.

Dabei muss ich unweigerlich an Phaethon denken, den Sohn von Sol, der nach langem Bitten auch endlich einmal den Sonnenwagen lenken darf. Und prompt gerät alles außer Kontrolle, der Sonnenwagen wirbelt über die Erde und hinterlässt eine Schneise der verbrannten Verwüstung … OK, so schlimm war es bei mir nun wirklich nicht. Aber dass es nun darum geht, ungeschminkt den Tatsachen, Möglichkeiten und Begrenzungen ins Gesicht zu sehen, das liegt auf der Hand.

Apropos ungeschminkt:

Fasching mit Krönung

Ich war und bin keine Faschings- oder Karnevals-Prinzessin. Das Verkleiden oder in andere Rollen schlüpfen ist glaube ich schon immer so ein fester Bestandteil meines Lebens (gewesen?), dass es sich mir schlicht nicht erschlossen hat, warum ich mir zu dieser vom Wetter her oft wenig einladenden Zeit des Jahres eine lila Perücke oder Pappnase aufsetzen soll.

Was mich wirklich berührt sind die alpenländischen oder alemannischen Traditionen aus dem Süden Deutschlands, wenn zu den Umzügen archaische Gestalten, die soviel über unsere hiesige alte und spirituelle Tradition verraten, lange bevor die Christianisierung gewaltsam durchgesetzt wurde. Was für ein Glück, dass sich der alte Brauch bewahrt hat. Nicht nur zu Fasching. Auch derzeit, wenn der Krampus durch die Straßen fegt, der lehrt eine wieder das Fürchten.

Vielleicht sind es viel mehr diese inneren Bilder, diese Urprägungen irgendwo tief verschollen im kollektiven Unterbewusstsein, die zu diesen besonderen „Unzeiten“ hervorquellen und an die Kraft der eigenen Wurzeln erinnern.

Fasching in Bad Cannstatt – hier habe ich 13 Jahre meines Lebens verbracht.

Nun denn – dieser schwäbische Fasching hat mir – obwohl ich nur abstandswahrende Durchreisende war – irgendwo zwischen Kübelesrennen und Weiberfasnet ein ganz besonderes Krönchen beschert, nämlich meine erste Viruserkrankung mit eben jener Corona. Soweit nicht so ungewöhnlich. Doch was sich meine körpereigene Immunabwehr dazu überlegte, war und ist bis zum heutigen Tag folgenreich – ich sage ausdrücklich NICHT „folgenschwer“. Das war es zwischendurch auch, aber heute möchte ich es eher „reich“ bezeichnen.

Stumme Besinnung

Was macht eine Sängerin, die keine Stimme mehr hat? So lautete die Frage, als ich in Folge von Corona eine Multi-Infektion des gesamten Atemapparats zelebrieren durfte und die ich in diesem Blogartikel im Mai beschrieben habe. Ich konnte im April nämlich miterleben, wie es mir innerhalb weniger Tage Sprachzentrum und Hirnleistung derart zerschossen hat, dass einem eigentlich Angst und Bange werden müsste. Ich aber lag oder saß in meinem Zimmer, schaute aus dem Fenster und bestaunte stumm die Auflösung meines bisherigen Systems.

Aus heutiger Sicht kommt es mir wie ein Jahres-Zyklus vor: Was für eine prachtvolle Ernte mit meinen 15 Opernproduktionen, Akquise endlich gepflegt am Laufen. Stimme technisch besser geführt als noch vor Jahren, und dann das: Auf offener Bühne verabschiedet sich die Stimme.

14. April im Wilhelma Theater: Zwei Mozart-Lieder später verabschiedete sich die Stimme

Wohin? Warum? Für wie lange? Vergleichbar mit dem Winter, wenn sich alles Laub und Leben in der Natur stirbt und zurück in die Erde zieht.

Heute kann ich mit seliger Dankbarkeit im übertragenen Sinne sagen: Es ist Frühling. Das zarte Grün treibt wieder aus, die Stimme ist da. Neues bahnt sich da seine Wege.

Singen und Schreiben. Dabei werde ich so oder so immer bleiben. Allein 33 Blogartikel haben dieses Jahr in Schrift verewigt, mit dieser krönenden Rückschau. Und ich bevorzuge das Wort „Schau“. Ein Blick ist irgendwie kurz – zack – gesehen – weg. Eine Schau nimmt sich Raum, atmet mit der Zeit und fließt. So ist das Leben: es atmet Zeit und fließt.

Nun möchte ich von all diesen poetisch übertragenen Bildern noch einmal praktisch und faktisch auf den vergangenen Sommer 2023 zu schreiben kommen: franzi geht dann heim

Dieses Bild-Motiv vom Ende der Reise bedeutet mir viel: „Auf zu neuen Ufern“, „frischer Wind“ und „Segel neu setzen“, kommen da der eigentlichen Berggemse in den Sinn – Oha! oder Ahoi?

Diese Tour mit dem prophetischen Titel und gleichnamiger Blogüberschrift war und ist nicht nur nach außen sicher der „größte Klopper“ meines Jahres 2023. Zwischendurch dachte ich, ich hätte es auch „Von Einer, die auszog, das Fürchten zu verlernen“ nennen können. Ich habe das von mir kühn assoziierte  Märchen der Gebrüder Grimm auf dem Weg gelesen.

Sicher war es in erster Linie ein schönes Wortspiel mit meinem eigenen Namen, das ich mir als Wortliebhaberin nicht entgehen lassen wollte. Doch auch in ein bis zwei tieferen Ebenen hat sich Bedeutung im Laufen ergeben.

Natürlich war auch die Frage nach der Heimat zu beantworten – mehr dazu im folgenden Abschnitt. Nach einem krankheitsbedingten Generalausfall im Frühjahr war Anfang Juni noch nicht einmal klar, ob ich wirklich aufbrechen kann und wie weit mich diese Füßchen tragen würden. Nun sie haben mich bis ans anvisierte Ziel an den Schliersee gebracht. Circa 1000 Kilometer in 7 1/2 Wochen – alles weitere dazu ist im oben verlinkten Blog zu lesen.

So möchte ich mich hier auf eine wichtige Erkenntnis dieser Tour konzentrieren: Ich will singen – eigentlich nur noch in Kirchen und gerne auch ohne Publikum – quasi direkt nach oben.

Seliger Franz nach Singen im Klösterl am, und Baden im Walchensee

Wie wunderbar hat es sich ergeben, im September dann wirklich in der Kirche am Walchensee zu singen. Schon mit Publikum – aber dennoch irgendwie direkt nach oben.

Und das ist der Unterschied für mich heute: ich mache etwas nicht FÜR andere, oder wie ich meine, dass es anderen gefallen oder hilflich sein könnte, sondern um des Liedes selbst willen, um der Geschichte selbst, um der unverstellten Erfüllung – also eher „im direkten Dienst“ – mehr dazu im vorletzten Abschnitt dieses Artikels „Abschied mit Anfang“.

2023 = 30 Jahre in Essen

Unfassbar! Dreißig Jahre lebe ich nun im Ruhrgebiet. Als ich einst im September 1993 mit zwei kleinen Kindern im Kinderwagen und wir drei mit dem Intercity die linksrheinische Bahnstrecke entlang ins Ruhrgebiet umgesiedelt sind, präsentierte sich der Bahnhof in Essen wenig einladend: unangenehm windig und regnerisch, wie eigentlich oft, wenn ich seither ankomme. Herbst ist dann nicht unbedingt die liebreizendste Jahreszeit, um sich im Ruhrgebiet an landschaftlicher Schönheit zu erfreuen.

BILD FOLGT

Ich will ehrlich sein: Zwei Jahre habe ich mir und meinen Kindern maximal in dieser Stadt gegeben, danach sollte es dringend wieder in den Süden. So dachte ich …

Dreissig Jahre sind daraus geworden und mit diesem Jahr ist mir erst so richtig klar geworden, was mir dieses Leben in Essen im Ruhrgebiet – fern von Familienanschluss und Herkunft-Freundeskreis, ohne Studiums-, oder Ausbildungs-Verbindungen gebracht, beschert und geschenkt hat:

Ich konnte mich erst mal völlig in die Mutter-Rolle begeben, was bei drei Söhnen auch wirklich fein ist. Nach und nach habe ich dann, für meine direkte Umwelt sicher auch anstrengend, recht unkontrolliert und ohne konkreten Plan rebelliert, bis sich mir Schritt für Schritt, Auftritt für Auftritt, Satz um Satz all diese wunderbaren Konzerte, Programme, Texte ermöglicht haben. Welch ein Luxus, mir meine Kollegen selbst zu wählen, mit dem erklärten Ziel, gemeinsam schöne Lebenszeit zu verbringen UND schöne Musik zu machen.

Vor genau 20 Jahren: Mit Carmela De Feo, gerade frisch geschlüpfte „La Signora“ – Sternstunden meines Lebens! Premiere von „Chicas y chiquitas“ fotografiert von meinem Vater

Mit Fug und Freud kann ich sagen: Ich habe allen Quatsch gemacht, alle Partien gesungen, alle Lieder und Geschichten erzählt, da ist kein Wunsch offen – und genau das macht mich frei, Neues zu kreieren. Das hat mir dieser Ort ermöglicht. Ein Neubeginn ohne jegliche Altlasten oder tradierten Pfade. Ob ich mich in Essen nun beheimatet fühle oder ein schönes Zuhause habe – diese Definition liegt jetzt also allein in der Betrachtung der hier Schreibenden.

„Ich schreibe, also bin ich – also sing ich“ so lautet die erste Zwischenüberschrift. Just am letzten Wochenende habe ich in einer Radio-Sendung von WDR3 ein Interview mit Maria Jonas gehört. Besser gesagt: es hat sich mir offenbart. Sie nennt ihr Tun, ihren Beruf nicht Sängerin, sondern Troubairitz, also die männliche Form des Troubadour. Ja, genau! Das ist es: Lieder finden, Geschichten erfinden, Suchende sein, auf der Suche sein, auf Wanderschaft sein. Endlich habe ich ein Wort dafür: Troubairitz.

Danke Nordrhein-Westfalen, deinem Ruhrgebiet mit deinen Möglichkeiten und vor allem deinem inspirierenden Radiosender. Ich habe sicher zu 2/3 all meiner über 30 Programmen die inspirierende Initialzündung aus einer WDR3-Sendung empfangen.

Doris, Maria und jetzt Whitney oder mein Schwanengesang

Anfang Dezember wurde quer durch alle Medien dem 100. Geburtstag der einzigartigen, wunderbaren, umstrittenen und unerreichten Maria Anna Cecilia Sofia Kalogeropoulou gedacht. Sie hat mein musikalisches Empfinden, meine Sehnsucht nach dem wundersamen Zauberraum „Oper“ geprägt, wie keine andere.  Sie zählt zu meinen drei Sing-Heroinen. Und dabei fällt mir auf, dass ich zur ersten, nämlich Doris Day bereits ein Programm gemacht habe, es trägt den Titel „Que sera – die famose Welt der Doris Day“, ich liebe es nach wie vor sehr!

So sah es aus, das Plakat für unsere Vorstellung im Spionagemuseum „Top Secret“ von Ingo Meersmann – schade, dass es das nicht mehr gibt, Foto: Dorothee Oelbracht

Die zweite war also Maria Callas und auch ihr habe ich angemessen gehuldigt – eben mit der „Tosca – Vissi d’arte, vissi d’amore“. Ich bin jetzt genau so alt, wie Maria Callas zum Zeitpunkt ihres unendlich einsamen Todes. Ingeborg Bachman sagte über die Assoluta: „Maria Callas hat keine Rollen auf der Bühne gespielt, sie hat auf der Rasierklinge gelebt!“

An diesem 2.12.2023 hätte ich eigentlich einen Auftritt mit meiner „Tosca als Oper légère“ gehabt – gänzliche Huldigung ihrer Person, ihres Lebens und ihrer Karriere zum Anlass ihres 100. Geburtstages. Ich muss zugeben, dass mir der Gedanke immer noch ein wenig fremd ist,

Und jetzt hat es das Schicksal gefügt, dass ich meiner dritten Heroine huldige, nämlich Whitney Houston, mit dem Untertitel „ein Schwanengesang“. Ich bin verblüfft über die Parallelität, die ich in den Lebensläufen der beiden letzt erwähnten entdecke. Beide haben sie derart außergewöhnliche Stimmen, die man sofort nach 0,3 Sekunden erkennt. Beide haben sie Raubbau mit ihrem Material betrieben, beide hatten eine heftige aber kurze Erfolgskarriere, beide fanden kein Glück in der Beziehung zu Männern. Beide starben unendlich trostlos. Die Tragödie scheint ihre Lebensklammer gewesen zu sein.

Dieses Musizieren mit Markus Stollenwerk ist ein Geschenk

Es gab bereits eine erste klitzekleine privat-interne Werkschau zu unserem Programm „Whitney“, um zu testen, ob mein Konzept mit den zwölf Briefen an Whitney aufgeht. Für mich tut es das, und ich freue mich riesig, dass ich mit dem einfühlsamen Markus Stollenwerk wirklich ALLE meine musikalischen Extra-Wünsche einweben durfte, zwischen Aschenputtel, Bachs Air, Traviata, ein bisschen Peer Gynt-Suite und – passend zum Programmtitel – Schwanensee, alles dabei.

Wie wunderbar, dass ich dann alle drei – Doris, Maria und Whitney für mich „verewigt“ habe. So gesehen ist es dann vielleicht auch mein Schwanengesang.

Abschied mit Anfang

Derzeit absolviere ich meine Zertifizierung zur Trauerrednerin, ich erwähnte es bereits. Ich bin froh, diesen Schritt gemacht zu haben, erkenne ich auf diesem Weg doch immer klarer, was ich genau machen möchte, da es über das reine Trauerreden doch hinaus geht. Vor allem: Wie nenne ich diese Berufsbild? Doula, so lautete die vorletzte Version, die mir aus ihrem Hintergrund gut zusagt, eben wie die früheren Hebammen, Begleiterin für die Übergänge zu sein, sei es Geburt oder Tod – Willkommen oder Abschied. HIER schrieb ich bereits darüber

Dieser bemooste Holunderzweig ist für mich ein stimmiges Bild für Tod und Geburt und die große Transformation, schon allein wegen der Frau Holle

Nun habe ich bei meinen weiterführenden Recherchen allerdings festgestellt, dass sich dieser Begriff gerade im inflationären Aufschwung befindet. Ich habe den (sicher vorurteilsgeprägten, unlauteren und zynischen) Eindruck, dass alle, die sich in den letzten Jahren  zu Coaches aller Art berufen fühlten, Achtsamkeit und Innere Wahrheit jetzt durchdekliniert haben. Die tiefe Weiblichkeit ist erforscht, jede Joni gesteamt, und der Ruf nach dem Wilden vernommen. Und da die Nachfrage in unserer freien Marktwirtschaft das Angebot bestimmt, scheint das auch alles seinen Sinn und Platz zu haben. Da ist es wohl an der Zeit, sich in diesem überbordenden Dschungel, vor allem von Online-Bussines-Beschäftigten, durch eine neue Begrifflichkeit vom sprachlich allmählich abgenutzten Allerwelts-Coach absetzen zu wollen.

Jetzt ist also die „Doula“ dran.

Da bin ich raus. Im wahrsten Sinne. Gehe raus in die Natur, in diesen Winter und sehe den Abschied. Resümiere meinen bisherigen Weg und da ploppt er auf, der Begriff: „Abschieds-Expertin“. Claim direkt hinterher: „damit’s am Ende gut wird“. Mit diesen Begriffen und Bildern, meinen ersten Ideen zum Leistungskatalog werde ich jetzt über die stillen Wintertage und Nächte schwanger gehen, werde mich wie die Bärin in die Höhle zurückziehen und meinen zukünftigen Weg erträumen.

Bis zum kommenden Frühjahr dann, mit seinen heller werdenden Tagen und der wärmer strahlenden Sonne, dann kommt die Bärin mit ihren im Winter geborenen Jungen aus der Höhle getrollt

Mein Fazit 2023 

Nun werde ich mich über die Raunachtstage eben wie die Bärin in die Höhle zurückziehen, den seligen Traum der zeitlosen Zeit genießen – und natürlich auch das Weihnachtsfest, das in diesem Jahr ebenfalls anders gefeiert wird, als in der Vergangenheit, wie wunderbar und konsequent.

Der Schwan taucht immer wieder auf … hier auf einem Weihnachtsmarkt: Whitney & Lohengrin for ever

Danke, du eigenwilliges Jahr 2023, du hast mich vieles gelehrt loszulassen: nicht nur das Fürchten, sondern auch so manchen Plan, wie das Leben laufen könnte.

Hast mir dafür aber nicht nur EINE neue Tür eröffnet und mir vor allem gezeigt, dass der wirkliche Seelenfrieden mit viel weniger Brimborium Einzug hält, als gedacht.

„… und viel mehr Blumen während des Lebens …“

Sie erinnern sich an den Lüfte-Spruch vom Anfang? Als Titelbild dieses Artikels habe ich einen kleinen Ausschnitt eines „camino de flores“ gewählt. Im ganzen ist es eine etwa 1,70 Meter lange und 40 Zentimeter breite, wunderschöne  Stickerei, die ich von Mariela Auccacusi aus Peru erhalten habe.

Sie hat mein Jahr 2023 aus der Ferne, aber in nicht unerheblichem Maß begleitet. Ihre andine Tradition bereichert mein Leben mit all den Despachos und Haywariquis, den Feuerzeremonien und der grundlegenden Vorstellung von Ayni, was bedeutet: Energie fließt nie nur in eine Richtung – es geht um Ausgleich, Einklang und Harmonie – Schönheit im Innen und Außen.

Für mich ist es Geschenk, Gebet und Kontemplation

Ja: ich habe schon ein, zwei Ideen und Pläne für das kommende Jahr auf und über die ich mich sehr freue. Bilder, wie „Segel neu setzen“ stehen auf dem Plan. Ganz konkret steht eine grundlegende Renovierung meiner Internetseite Anfang des Jahres an, denn es gilt ja nicht nur, den dortigen, seit 2021 eingefrorenen Lebenslauf zu aktualisieren. Damit gehen nämlich größere Umstrukturierungen einher: Manche Programme wird es vielleicht in 2024 nicht mehr geben, andere sind bereits dazu gekommen. Vor allem möchte ich zukünftig all mein Tun und Schaffen auch im Außen zeigen.

Ich bin und bleibe eine begeisterte Multidilettantin – wie ich es bereits schreib – und mein Lieblings-Spielzeug ist das Kaleidoskop: Aus immer den selben bunten Steinchen ergeben sich je nach Bewegung und Spiegelung unzählige neue Bilder in bezaubernder Harmonie.

zauberschön und wohl geordnet

Ich denke, das ist fürs Erste ein wunderbares Schlusswort für 2023.

Nun wünsche ich allen – wirklich allen – ein ruhiges, beruhigendes Jahresende, sowie  Frieden, Gesundheit & Zuversicht für das kommende Jahr 2024,

Ihre Franziska Dannheim